Kapitel 4

Kapitel 4 der Podcastreihe

Emotionen

Affektive Komponenten der Motivation


Wie viel Einfluss können negative Gedanken und Gefühle auf meine Motivation haben? Wie gehe ich konkret mit ihnen um? Diese Fragen sollen in der aktuellen Folge behandelt werden.

Der Text zum Podcast

  • 1. Abschnitt

    Emotionen - Affektive Komponenten der Motivation


    Emotionen entstehen durch die Einschätzung von Situationen auf der Basis unserer Bedürfnisse, Ziele und Bewältigungsmöglichkeiten (vgl. Kognitive Bewertungstheorie). Je nachdem welche Emotionen eine solche Einschätzung bei uns auslöst, beispielsweise Angst vor einem Bewerbungsgespräch, kann dies Einfluss auf den motivationalen Prozess haben. Vielleicht können wir uns daher nicht immer adäquat auf eine gegebene Situation vorbereiten.


    Hier ein fiktives Beispiel : 


    In zwei Wochen steht Ihnen eine wichtige Prüfung bevor. Sie haben nun mehrere Möglichkeiten diese Situation zu bewerten: Positiv oder neutral könnten Sie sich denken „Endlich kann ich mal zeigen, was ich so kann!“ oder „Okay, bald ist die Prüfung, dann muss ich jetzt wohl mal anfangen den Stoff zu wiederholen.“ Vielleicht bewerten Sie diese Situation aber auch negativ und denken sich „Oh nein, ich hasse es geprüft zu werden, vor allem wenn die Fragen so unfair gestellt werden. Die kommenden Nächte werde ich wohl nicht gut schlafen können.“ Auf diese ersten Gedanken folgt meist noch eine weitere, sekundäre Einschätzung. Im Falle des negativen Gedankens führt dies meist zu weiteren Ideen wie „Ich kann einfach keine mündlichen Prüfungen… ich werde es eh nicht schaffen.“ Häufiges Resultat: Angst, Frust, Nervosität.



  • 2. Abschnitt

    Sie sehen also, für die Entstehung von Emotionen ist nicht nur ein einzelner Gedanke oder ein bestimmtes Gefühl verantwortlich. Es handelt sich um einen Prozess, in dem es zudem sehr individuell sein kann, ob Sie eher zu einer positiven/neutralen oder aber einer negativen Bewertung neigen. Abhängig vom eigenen Bewertungsschema fällt es uns eher leichter bzw. schwerer Dinge anzugehen (in diesem Beispiel: effizient für die Prüfung zu lernen). Dabei sind Stress und Angst nicht immer Emotionen, die per se negativ sind. 


    Ein gewisses Maß an „gesundem Stress“ kann beispielsweise dabei behilflich sein, sich neuen Herausforderungen zu stellen und sich weiterzuentwickeln. Bestimmt der Stress allerdings zunehmend die eigenen Gedanken und besteht über einen längeren Zeitraum, kann uns Stress in unserem Denken und Handeln eher blockieren. Damit das nicht passiert, ist eine bewusste Emotionsregulation hilfreich.

  • 3. Abschnitt

    Emotionsregulation ist bei jeder und jedem von uns ein fester Bestandteil des Alltags. Mit ihrer Hilfe bewältigen wir vielfältige Anforderungen, die diverse Alltagssituationen an uns stellen. So verbergen wir beispielsweise unsere Trauer, um nahestehenden Menschen Sorge und Kummer zu ersparen. Oder wir unterdrücken den Impuls, angesichts der Nachricht über die Gehaltserhöhung laut zu jubeln und Luftsprünge zu machen, weil unsere Arbeitskolleg*innen, die keine bekommen haben, neben uns stehen.


    In der Psychologie definieren wir Emotionsregulation als diejenigen Prozesse, die es uns ermöglichen, Einfluss darauf auszuüben, welche Emotionen wir haben, wann wir diese haben und wie wir diese erleben und zum Ausdruck bringen.


    Auch unser Arbeitsalltag bzw. die dort geltenden Normen haben Einfluss auf unsere Emotionsregulation, denn diese stellt in vielen Aufgabenbereichen eine mehr oder weniger implizite Arbeitsanforderung dar. Je nach Arbeitsbereich werden Emotionen willentlich herbeigeführt oder unterdrückt, um ein äußeres Erscheinungsbild zu schaffen, das wiederum eine bestimmte Auswirkung auf das Gegenüber haben soll (z. B. Kundenzufriedenheit durch eine freundliche und zuvorkommende Art oder das Auftreten als machtvolle Führungskraft).


    Diese Beispiele können allerdings auch ein anderes Extrem annehmen. Sicherlich hat zumindest jede*r von uns schon einmal von einer Servicekraft gehört, die über die Maße freundlich war, sodass es beinahe inszeniert gewirkt hat oder von einer*m Vorgesetzten, die oder der eher cholerisch als machtvoll schien.


    Grob kann man verschiedene Strategien in der Emotionsregulation bei unterschiedlichen Menschen beobachten. (Das Strategiemodell weiter unten ist an dieser Stelle gut geeignet, um sich einen Überblick zu verschaffen)


  • 4. Abschnitt

    Jede*r von uns kann sich sicher in der ein oder anderen Strategie wiederfinden. Zwar wenden wir meist mehrere Strategien je nach Situation an, doch neigen wir meist zu einem bestimmten Typ von Strategie. Dabei sind einige Strategien hilfreicher für ein motiviertes Arbeiten als andere. So löst die Strategie der Loslösung häufig einen kurzzeitig positiven Affekt aus. Langfristig führt sie uns aber nicht ans Ziel, weil man keine Lösungsstrategien entwickeln kann, wenn man schon von vornherein vermeidet, sich mit dem Problem auseinander zu setzten. Wichtig ist es beispielsweise, einen negativen Affekt lang genug auszuhalten und aus diesem nicht ins Grübeln oder in Panik zu verfallen, sondern sich z. B. durch das Hilfesuchen im sozialen Umfeld (Strategie: Verpflichtung), wieder positive Affekte zu generieren und so motiviert das Problem anzugehen (vgl. auch Martens, 2012).

  • 5. Abschnitt

    Kann ich etwas ändern, wenn ich mich nicht besonders gut in meinen Emotionen regulieren kann?


    Zu Beginn der Emotionsentstehung gibt es Prozesse, die man betrachten kann, beispielsweise die Modifikation einer Situation. Dies meint eine aktive Gestaltung der Situation, in der ich mich gerade befinde, um so Einfluss auf die eigenen Emotionen nehmen zu können. Gehen wir davon aus, dass Sie extrem davon gestresst sind in der kommenden Woche einen Vortrag in Ihrer Firma halten zu müssen, da Ihr letzter Vortrag Ihnen katastrophal in Erinnerung geblieben ist. Nun könnten Sie z. B. Ihre Führungskraft nach einem anderen Raum um die Präsentation zu halten bitten, um so dem Raum zu entgehen, in dem Sie das letzte Mal ein Blackout mitten in Ihrem Vortrag hatten. Dies könnte einer der Wege sein, Ihre Angst, zumindest in Teilen, zu bewältigen. Der Eindruck, Kontrolle über eine Situation zu haben, mindert unsere Angst. Nur haben wir leider nicht immer oder nur wenig Kontrolle über die Ereignisse, die wir bewältigen wollen. Eine andere Möglichkeit ist die sogenannte Aufmerksamkeitslenkung. Ziel ist es hierbei, die Aufmerksamkeit von emotionsauslösenden Aspekten in einer Situation wegzulenken. Weniger emotional bedeutende Merkmale dieser Situation sollten fokussiert werden. Daraus ergibt sich konkret für unser Präsentationsbeispiel, dass Sie während der Präsentation die Zuhörenden mit ihren erwartungsvollen Blicken weitestgehend ignorieren und stattdessen Ihre ganze Aufmerksamkeit auf einen Punkt im Raum fokussieren oder sich vor Beginn der Präsentation durch das Denken an ein schönes Erlebnis (z. B. etwas aus dem letzten Urlaub) in eine positive Stimmung versetzen. 


  • Literaturhinweise

    Brandstätter, V., Schüler, J., Puca, R. M., & Lozo, L. (2018). Motivation und Emotion. Berlin, Heidelberg: Springer.


    Gross, J. J. (2002). Emotion regulation: Affective, cognitive, and social consequences. Psychophysiology, 39(3), 281-291.


    Parkinson, B., & Totterdell, P. (1999). Classifying affect regulation strategies. Cognition and Emotion, 13, 277-303.



  • Quellenverzeichnis
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