Kapitel 6

Kapitel 6 der Podcastreihe

Motivationaler Prozess

Emotionen und Kognitionen im motivationalen Prozess 


Nicht nur zwischen einzelnen Personen bestehen Unterschiede darin, wie motiviert man einer Aufgabe nachgeht, auch innerhalb einer Person (intraindividuell) kann es Unterschiede geben. Wie diese Unterschiede zusammenkommen und wie ich mich gezielt motivieren kann, erfahren Sie in der aktuellen Folge.


Der Text zum Podcast

  • 1. Abschnitt

    Motivationaler Prozess - Emotionen und Kognitionen im motivationalen Prozess



    Unterschiede im motivationalen Prozess finden sich sowohl zwischen einzelnen Personen, als auch innerhalb der eigenen Person. Beispielsweise unterscheiden wir uns voneinander in der Wahrnehmung von Problemen oder Hürden im Arbeits- oder Lernprozess: Auf einem Kontinuum von „Ausblenden“ über „aktiv Wahrnehmen“ bis hin zur „Katastrophisierung“ ist je nach Person alles möglich. Dies kann uns in unterschiedlichem Maße beeinflussen und manchmal sogar handlungsunfähig machen. Innerhalb der eignen Person verortet, werden Sie sicherlich schon Situationen erlebt haben, die Sie je nach Gemütszustand und Verantwortungsgefühl unterschiedlich wahrgenommen und folglich mit anderer Dringlichkeit und Motivation behandelt haben.


    Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen, das Sie vielleicht in ähnlicher Form auch schon einmal erlebt haben: Peter H. ist kurz vor Feierabend hoch motiviert, in seiner Wohnung noch einmal so richtig durch zu putzen, bevor ihn morgen sein Bruder mit seiner Schwägerin besuchen kommt. Nachdem er 30 min länger von einem Kollegen bei der Arbeit aufgehalten wurde und nun schließlich fast 45 min mit dem Auto durch den Feierabendverkehr nach Hause gebraucht hat, kann sich Herr H. zwar noch an das energetisierende, enthusiastische Gefühl von vorhin erinnern, fühlt sich aber mehr und mehr dazu verpflichtet, als dass er an diesem Abend auf Aufräumen und Putzen noch Lust hätte. Daher macht er sich zunächst etwas zu Essen, setzt sich aufs Sofa und schaut fern. Bevor er ins Bett geht, packt ihn schließlich das schlechte Gewissen und er räumt noch schnell ein paar Dinge zur Seite, bevor er sich schlafen legt.


  • 2. Abschnitt

    Wo ist die anfängliche Motivation hin? 


    Deutlich wird zunächst, dass die kognitive Überzeugung „motiviert zu sein“ allein nicht ausreicht, um am Ende tatsächlich eine gewünschte Handlung auszuführen. Hierfür sind weitere Prozesse notwendig.


    In diesem Kapitel möchte ich Ihnen ein Modell vorstellen, welches Emotionen sowie Kognition, also das Wahrnehmen und Denken, im motivationalen Prozess miteinander vereint und in mehreren Schritten beschreibt, wie der Prozess der Motivation bis hin zur erfolgreichen Handlung in einer Person stattfinden kann: Das Integrierte Lern- und Handlungsmodell – kurz ILHM (siehe Abbildung 1).


  • 3. Abschnitt

    Sie sehen hier eine stark vereinfachte Version des Modells. Denn innerhalb der drei Phasenabschnitte befinden sich noch jeweils mehrere Schritte bzw. Prozesse, die erfolgreich abgeschlossen sein müssen, bevor man von der einen Phase in die nächste übergehen kann.


    Beginnen wir aber am Anfang (von links nach rechts betrachtet). Dort steht die Motivierungsphase

    Diese Phase kann nur erfolgreich abgeschlossen werden, sofern man die aktuelle Diskrepanz zwischen Ist- und Soll-Zustand gut aushalten kann und davon ausgehend Verantwortung für die Schließung dieser Diskrepanz übernimmt. Hierbei darf man sich nicht von negativen Emotionen überfluten lassen bzw. umgekehrt diese Emotionen gänzlich ausblenden. Es braucht also einen „gesunden Mittelweg“ um eine stabile Lernmotivation zu entwickeln. 


    Besteht diese, befinden wir uns in der nächsten Phase, der Intentionsphase

    Intention meint den verbindlichen Entschluss für ein bestimmtes Handlungsziel. Hierbei müssen Handlungsalternativen sowie die Erwartung an die eigene Kompetenz abgewogen und beurteilt werden. 


    Geschieht dies erfolgreich, befinden wir uns in der Volitionsphase

    Der Begriff „Volition“ beschreibt die bewusste, willentliche Umsetzung von Zielen durch zielgerichtete Steuerung. In dieser Phase ist es beispielweise wichtig, sich ausreichend gegen Außenreize abschirmen zu können und keinen kurzfristigen Anreizen zu verfallen (z. B. Abbrechen einer Aufgabe, weil eine andere schneller geht, mehr Spaß macht oder das Wochenende von Kolleg*innen interessanter ist als die Aufgabe, die ich in diesem Moment bearbeite).


  • 4. Abschnitt

    Durchgängig wichtig im gesamten Motivationsprozess ist die Selbstreflexion (die in Form von Rückkopplungsprozessen im Modell dargestellt ist). Sie können feststellen, dass es wichtig ist, sich in jeder Phase zu reflektieren und ggf. Dinge anzupassen. So sollte man sich beispielsweise Fragen stellen wie „Passt die Lernhandlung weiterhin zu mir bzw. zum vorgegebenen Ziel?“ „Was ist mir gut gelungen, was hätte besser laufen können?“ Es kann sein, dass eine Strategie, mit der Sie eine bestimmte Aufgabe gut erledigen konnten, für die nächste plötzlich nicht mehr passt. Hier ist also auch Flexibilität gefragt bzw., sich von lieb gewonnenen, aber starren Handlungskonzepten zu trennen bzw. diese zumindest kurzzeitig abzulösen.

  • Literaturhinweise

    Kuhl, J., & Baumann, N. (2000). Self-regulation and rumination: Negative affect and impaired self-accessibility. Control of human behavior, mental processes, and consciousness: Essays in honor of the 60th birthday of August Flammer, 283-305.


    Martens (2012). Was ist aus dem Integrierten Lern- und Handlungsmodell geworden? In Kempf, W., Langheine, R. (eds.). Item-Response-Modelle in der sozialwissenschaftlichen Forschung. Berlin: Regener.


  • Quellenverzeichnis
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